Vanessa Licht

Rasende Reporterin

Showgirl Jasmin Bruck: „Wir halten durch“

Die aktuelle Situation zwingt Kunst und Kultur in die Knie. Um der Szene eine Plattform zu geben, bittet die rasende Reporterin Vanessa Licht DJs, Clubchefs, Künstler, Showgirls und viele weitere zum Interview unter dem Motto „Wir halten durch“. Heute kommt Jasmin Bruck zu Wort.

Jasmin Bruck weiß, wie der Hase in der Szene läuft – oder wohl eher, wie er zu tanzen hat. Man kennt sie und die Girls ihrer Agentur, wie sie sich sexy auf den Bars bewegen und die Stimmung anheizen. In jedem Zustand und jeder Lebenslage ein Lächeln auf dem Mund haben und abtanzen: Das ist ihre Kunst. Ob ihr das in der aktuellen Situation hilft?

(c) King Bueno

Wie frustrierend ist die aktuelle Situation?
Es gibt Tage, an denen ich morgens aufstehe, mit voller positiver Energie und ich mir sogar denke, es geht mir vielleicht noch immer zu gut, um den Ernst der Lage zu erkennen. Dann gab es aber auch Tage, an denen ich unter anderem sogar einen Nervenzusammenbruch hatte, weil ich alles hinterfragt habe und es leider auch eine Tatsache ist, dass so einige Ungereimtheiten in sämtlichen Bereichen im Raum stehen. Ich musste diese wohl oder übel akzeptieren. Dazu kam meine Angewohnheit, alles bis ins Detail zerpflücken zu wollen. Und da es doch um meine Agentur geht, in die meine ganze Leidenschaft und Kraft fließt, war nur klar, dass ich dann auch Verschwörungstheorien Glauben schenkte. Daher sagen wir kurz und knapp: Ich akzeptiere die ungewöhnliche Situation mittlerweile im Allgemeinen einfach und bin für jeden Tag dankbar, an dem das Ganze nicht NOCH schlimmer wird.

Das Thema des Interviews lautet „Wir halten durch“ – WIE hältst du durch?
Zum Glück bin ich der Typ Mensch, der eine gewisse Routine sogar sehr mag. Selbst wenn sich gerade so gar nichts mehr richtig für mich anfühlt, wird diese Erkenntnis nach einer gewissen Zeit auch einfach zur Routine. Was bringt es, alles noch schlimmer zu machen, als es ist. Ich entschloss mich daher, Platz für etwas Neues schaffen zu müssen. Meine wunderschöne Komfortzone einzutauschen und mich endlich mit größeren Herausforderungen auseinanderzusetzen. Dadurch hoffe ich, endlich wieder einen Blick fürs Wesentliche zu bekommen oder Neues zu entdecken! Vor allem hat auch geholfen, dass ich es nach einer gefühlten Ewigkeit akzeptieren selbst konnte, wenn ich mal eine ganze Woche so gar nichts mit Routine hinbekommen habe. Ich dieser Woche im Pyjama einfach nur dahin lebte und herumgammelte in meinen vier Wänden. Ich gebe mir diese Zeit nun auch. Durch diese Akzeptanz kam plötzlich meine Motivation zur richtigen Zeit zurück! Seit zirka einem Monat habe ich endlich wieder ein Stück meiner geliebten Unbeschwertheit zurück.

Rechnest du damit, eines Tages wieder in Clubs tanzen zu können oder bist du gezwungen, diesen Job an den Nagel zu hängen?
Ich hatte kurz bevor alles los ging einiges an Arbeit, Liebe und meine größten Ersparnisse in meine überarbeitete Agentur Showworld investiert. Ich habe ein Konzept entwickelt, neue Ideen erschaffen wie meine „Kabarettstripshow“ oder „erotische Vorlesungen“ und sogar mit meinem Buch begonnen. Ich wollte mich in der österreichischen Erotikbranche schon vor Coronazeiten unbedingt etwas umorientieren, da ich für mich die Kunst hinter der Erotik zu vermissen begann. Mega Aufträge waren fix, deswegen auch die benötigten aber leider auch großen Investitionen in Showworld. Kurz vorm Startschuss, meinen Traum beruflich zu verwirklichen, stand der erste Lockdown vor der Tür. Das hieß für mich als Kleinunternehmen einmal fast zwei Monate NULL Euro Einkommen und dann anfangs 500 Euro vom Staat! Ich hätte es aussitzen können, doch meinen Traum einfach jetzt so kurz vorm Ziel aufzugeben, brachte ich nicht übers Herz. Deswegen fing ich nach vier Monaten des Wartens und nicht Wissens, wie es weitergehen soll, als Postlerin an. Leider auch dieser Job zwang mich gesundheitlich im Dezember in die Knie. Nun bin ich zum ersten Mal in meinem Leben arbeitslos. Selbst da versuche ich, das Beste daraus zu machen und konzentriere mich zur Zeit auf die Bewilligung einer Umschulung. Wäre eine super Alternative für mich. Doch der Coronaumstand macht selbst das zu einem Hürdenlauf!

Wie hältst du dich aktuell über Wasser?
Finanziell ist es eine kleine Katastrophe für mich. Mich hielt anfangs nur mein Verlobter über Wasser! Mit seiner Sicherheit, mich trotzdem, egal wie schwer es weiter gehen sollte, so gut wie möglich zu unterstützen, half er in dieser Situation schon sehr. Sei es mit positiven Worten oder seinem bedingungslosen Rückhalt, obwohl es ihm als anstrebender Tätowierer um nichts besser ergeht. Doch solange ich meine Ziele und meinen Optimismus nicht für immer verliere, gebe ich auch meinen Traum nicht auf! Allerdings möchte ich nicht wissen, wie es vielleicht gewesen wäre oder noch ist, ohne meinem Partner durch diese harte Zeit gehen zu müssen.

Wie lange ist die aktuelle Situation für dich noch tragbar?
Tragbar war es von Tag X nicht mehr für mich. Ich nenne es seitdem: „eine ungewollte Auszeit.“ Solange die Welt allerdings noch „steht“, verfolge ich mein Ziel, hole mir meinen ruhenden Gewerbeschein zurück zu, um dann sofort wieder genau da anzuknüpfen, wo sich gerade in meiner beruflichen Entwicklung in der „Erotikbranche“ alles so verdammt richtig angefühlt hat. Sollten sich doch in der Zwischenzeit jobmäßig neue Wege ergeben, ist dem Ganzen auch irgendwie etwas Gutes abzugewinnen! Ich hatte das riesen Glück, mit meinem absoluten Hobby schon in jungen Jahren genau das zu machen, was im Endeffekt keine Arbeit mehr für mich war. Für diese Zeit bin ich unendlich dankbar und das hat mich gestärkt, jetzt bloß nicht still zu stehen, auch wenn es sich gerade nicht nach Tanzen anfühlt.

Wie schlimm sieht es finanziell aus?
Da gibt es als Künstler absolut nichts zum Schönreden! Man lernt, damit umzugehen. Mein finanzieller Schaden hat mich irgendwann nach zig Wutausbrüchen einfach zum Umdenken gezwungen! Es kam zu angehäuften Rechnungen und Mahnungen meiner Agentur, aber im Zuge dessen auch privat – durch unlogische Regelungen und Maßnahmen wegen Corona, die zum Teil nicht nachzuvollziehen sind, aber trotzdem einfach beschlossen wurden. Unter gerechten und individuell angepassten Lösungen für Kleinunternehmen hätte man da einiges abwenden können. Es kam bei mir privat zusätzlich zu einer Reihe an weiteren, nicht so erfreulichen Situationen, die mich nicht nur einmal in die Knie gezwungen haben! Doch solange ich noch mit Highheels (und wenn’s nur noch ein Paar statt 60 sind) wieder aufstehen kann, ist alles gut!

Könntest du dir vorstellen, in der jetzigen Situation eine Lösung zu finden, wie du unter Einhaltung der Sicherheitsvorkehrungen in Clubs oder Bars tanzen könntest?
Eher Nein! Es wird aber auch nicht wirklich danach gesucht. Viele von der Stripper-Branche versuchen es beispielsweise als Webcamgirls und halten sich so sogar besser denn je über Wasser. Doch das ist genau das Gegenteil, wo ich mit meinem Konzept eigentlich hin wollte und wird deshalb auch nicht in Erwägung gezogen. Daher hilft nur durchhalten und hoffen, dass alle meine Lieblingsclubs und Veranstalter das auch tun.

Wie hältst du dich momentan fit? Tanzt du zuhause?
Wenn nicht gerade meine „Gammel-Pyjama-Woche“ sein muss, wird ein gewisses Minimum an Sport gemacht. Ich benutze dann aber leider doch immer des Öfteren unbewusst die Corona-Phase als Ausrede für meine Trägheit. Sport zu meiner täglichen Routine werden zu lassen, schaffe ich ehrlich gesagt mental nicht! Allerdings stehe ich nach all den Jahren hartem Trainings für die Bühne dieser Auszeit auch nicht unbedingt negativ gegenüber. Zum Glück weiß mein Verlobter sogar heute noch meine Tanzkünste sehr wohl auch privat bei uns zuhause zu schätzen. Somit bleib ich da schon in Form! *grins*

Wenn du nächstes Wochenende wieder tanzen dürftest, wo würde man dich finden?
Also ich vermisse es soooooo sehr! Ich würde deshalb sogar gleich eine Challenge daraus machen! Wie viele meiner Lieblingsclubs und Lokale schaffe ich in einer Nacht? Start könnte vormittags im „Emmi’s“ auf einen Averna sein. Danach zu einer meiner liebsten Cocktailbars „18erEck“. Weiter in die Stadt – ins „Office“, eine Runde Dart spielen. „Kaktus“ und „Salzbar“ dürfen natürlich nicht fehlen bei mir. „Bettelstudent“ und danach gleich um die Ecke in die „Bettelalm“ würde mein Finish werden, bevor es mit meiner Afterhourtour weitergeht. Überraschen würde mich sehr, wenn jemand die harte Zeit genutzt hat und ein komplett neues Partykonzept erschaffen hat. Das würde ich sofort persönlich mit meinen neuen Konzepten und Shows liebend gern von Anfang an unterstützen! Ich weiß einfach, wie viel dazugehören kann und muss, „Altes“ abzuschließen, weil eventuell endlich Platz für „Neues“ geschaffen werden muss.

Was sind deine Hoffnungen für die Zukunft?
Hoffen tu ich nicht mehr. Das funktionierte in letzter Zeit leider so gar nicht bei mir. Eher wünsche ich mir, dass wir ALLE Durchhaltevermögen beweisen! Und wenn ich einen Wunsch frei hätte, würde ich mir für meine Branche auch NACH Lockdown – was weiß ich, vielleicht sogar Nr. 10 – diesen Zusammenhalt wünschen, der in dieser herausfordernden Zeit entstanden ist, wo wir uns ja eigentlich von allem und jedem fernhalten sollten.

Möchtest du deinen Fans noch etwas sagen?
Ich glaube, so ziemlich jeder hat gerade keine leichte Zeit. Da ist mir eines ganz besonders aufgefallen: Es weiß irgendwie jeder alles besser oder es wird einfach gar nichts hinterfragt und einfach gleich ALLES geglaubt. Ich nehme mich da gar nicht raus. Daher habe ich da so meine eigene Theorie für uns! Als erstes sollte jeder für sich alleine diese oder auch bevorstehende Umstände in seinem engsten Raum und Umfeld erträglich machen. Bevor das nicht mit einer vernünftigen Erleichterung passiert ist, können wir nicht die richtige Energie und Kraft für Leute oder Situationen investieren, die einfach nur mal kurz Verständnis benötigen – sich danach aber bestimmt auch gerne unsere Meinung anhören wollen. So, dass beide Seiten sogar etwas klüger aus der Sache gehen als nur mit innerlicher Unruhe und Wut. Aber das Wichtigste finde ich – und da muss ich mich fast täglich daran erinnern: Macht euch eure EIGENE Meinung! Diese kann jemand mit euch teilen, aber lasst auch den anders Denkenden Menschen ihre Meinung.

Auf ihrem Blog auf Facebook gibt es einiges zu entdecken

Zu Jasmin Bruck’s Kanälen geht es hier:

Auch ihr Verlobter ist auf Social Media – er ist anstrebender Tätowierer:

Februar 2021, Vanessa Licht

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